Die Kerzen erhellten das Haus. Carolin betrachtete die neue Tasche und fuhr mit der linken Hand über das Leder. Sie schaute dabei aus dem Fenster. Weiße Flocken fielen vom Himmel. Für die Jungdesignerin war Weihnachten die schönste Zeit im Jahr. Es war das erste Mal, dass sie das Fest der Liebe gemeinsam mit ihrem Verlobten Gerrit in ihrer neuen Heimat Wismar feierte.
Gerade wollte sie ein Buch lesen, als es plötzlich an der Tür klingelte. „Hallo Kind! Ich dachte, ich besuche euch mal im neuen Heim.“ Carolin erschrak. Mit ihrer Mutter hatte sie gar nicht gerechnet. „Hallo! Schön, dass du mich besuchst“, erwiderte sie. Anna hing ihren Mantel an die Garderobe und verkündete, dass sie ein paar Tage bleiben wollte. Carolin fiel aus allen Wolken. Angestrengt überlegte sie, wie sie das nur ihrem Gerrit beibringen sollte.
Carolin stand in der Küche. Völlig erschöpft kam Gerrit von der Arbeit nach Hause. „Hallo Schatz!“, begrüßte er seine Liebste und gab ihr einen Kuss. „Wie war dein Tag?“, fragte sie. „Wie immer.“ Als Carolin vom Besuch seiner Schwiegermutter erfuhr, verzog er das Gesicht. Carolin tat alles, um ihn zu besämpftigen.
Gerrit saß im Sessel und las bei einem kühlen Bier die Zeitung, während Carolin das Essen servierte. Im selben Moment stolperte Anna ins Zimmer. „Das ist typisch Mann! Überall liegen seine Sachen rum. Jetzt erkläre ich dir, wie du ihm Ordnung beibringen kannst.“ Dann hielt sie ihrer Tochter einen langen Vortrag. „Alte Hexe!“, fluchte Gerrit und hielt sich trotzig die Ohren zu.
Am Wochenende hatte sich Carolin fest mit ihrer Freundin in der Stadt verabredet. Sie gab ihrem Schatz einen Kuss und ging. Jetzt hieß es für Gerrit Ruhe bewahren, denn er war den ganzen Nachmittag über allein mit seiner Schwiegermutter. Die ganze Zeit wetterte sie, er solle endlich lernen aufzuräumen.
Als Anna an seine Sachen ging, riss Gerrit endgültig der Geduldsfaden. Rasch holte er den toten Goldfisch, den er aus dem Aquarium entsorgt hatte, hervor und häckselte ihn in ihre Soljanka. Schimpfend lief sie wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Wohnung. Gerrit rieb sich triumphierend die Hände. Ein verschwörerisches Lächeln spielte um seine Lippen. Schließlich öffnete Gerrit eine Flasche Bier und feierte seinen Sieg.